Donnerstag, 13. Dezember 2012

Inhalt

Erste kleine Leseprobe, direkt aus der Einleitung - eine Zusammenfassung des Buchinhalts:


Dieser Streifzug durch die Fauna und Flora des aktuellen deutschen Films beginnt mit Harald Mühlbeyers Festivalrundkurs der letzten Jahre, auf dem er Bemerkenswertes wie Kritisierbares gefunden hat. Ergebnis seiner Reise sind nicht nur Bruch- und Fundstücke, sondern eine filmkritische Tendenzsymptomatik.
Dem deutschen Film aus Festivalsicht widmen sich anschließend Profis. Sebastian Brose und Hajo Schäfer, Begründer und Leiter des Filmfests achtung berlin – new berlin film award, werfen aus ihrer Perspektive einen Blick auf das Filmschaffen und -angebot in der Region Berlin, beschreiben die Probleme und Erfolge des deutschen Kinos und kommen gerade hinsichtlich junger Macher und Newcomer zu einem optimistischen Ergebnis.
Film findet freilich nicht nur im Kino statt, sondern gerade hierzulande auch in erheblichem Maße in der Filmkritik – den Rezensionen der Zeitungen und Zeitschriften, aber auch stark und immer stärker im World Wide Web. Sonst stünde jener Filmwissenschaftler und Redakteur unglücklich da, der im kleineren Kreis verlauten ließ, er befasse sich erst wieder mit dem deutschen Film, wenn die Deutschen gelernt hätten, Filme zu drehen: Wer also kann ihm Bescheid geben, wann es soweit ist und er aus seinem Dornröschenschlaf wieder erwachen darf? In zwei Beiträgen beschreiben und kommentieren Thomas Rothschild und Rüdiger Suchland in dieser Hinsicht die Bedeutung und Arbeitsbedingungen der Filmkritik in Zeiten, in denen Printmedien als erstes an ihren Rezensenten sparen und zugleich jeder im Netz publizieren kann. Selbst wenn er’s nicht kann.

Im zweiten Teil des Bandes, der sich mit den Inhalten und nicht zuletzt medialen Strukturen befasst, wirft Georg Seeßlen einen Blick auf die Lachkultur in Deutschland. Nichts ist ja so heimatverbunden und -bedingt wie der Humor, ob nun hinsichtlich einer historischen Genealogie oder einer – wie von Seeßlen skizzierten – von dieser nicht strikt zu trennenden Typologie mit ihren Themen und Mythen.
Strenger schon als die hiesige Komödie geht es in der mittlerweile fast legendären (Neuen) Berliner Schule zu, auch wenn deren Analysen der Verhältnisse gar nicht so herzens- und geisteskalt sind, wie man es ihr oft andichtet. Julia Quedzuweit untersucht die Filme von Petzold, Köhler, Schanelec, Heisenberg und anderen auf deren bemerkenswerte filmische Auseinandersetzung mit der post-1989-kapitalistischen Ideologie hin mit ihren Auswirkungen und Anforderungen auf bzw. an ein Individuum, dem Individualität zur Performanz und Ware wird.
Dem Fernsehen widmen sich die beiden anschließenden Texte. Ohne die Sender ist in Deutschland Film nicht zu denken, wobei das vielschichtige Verhältnis von öffentlich-rechtlichem TV und Kino gerade in den letzten Jahren alles andere als entspannt ist. Deshalb begibt sich Bernd Zywietz in das Beziehungs- und Bedingungsdickicht beider Medien, ihrer Macher und Möglichkeiten, um unter anderem nach der Spezies des bösen Fernsehredakteurs zu suchen. Eine durchaus ironisch gemeinte, subjektive Irrfahrt mit offenem Reiseziel und ungewissem Ausgang.
Bernd Schon wiederum bricht eine Lanze für das viel gescholtene Genre der Scripted Reality im Fernsehen. Er klassifiziert die verschiedenen Mischformen des Dokumentarischen und Fiktiven und kann dabei aufzeigen, dass diese Formate und speziell die RTL-Sendung Familien im Brennpunkt nicht nur in einer langen künstlerischen Tradition mit ehrvollen Ahnen steht, sondern in ihrer sozialen Wirkung und Bedeutung gerne zu schnell und argumentativ problematisch abqualifiziert werden.

Der dritte Teil dieses Buches legt den Fokus auf die umfassende Umwälzung durch die Digitalisierung und deren Bedeutung für die unterschiedlichsten Bereiche der aktuellen deutschen Films Anfang der 10er Jahre des neuen Jahrtausends.
Alexander Gajic geht in seinem Beitrag der Frage nach, was denn tatsächlich die Umstellung von analog auf digital der Filmbranche von der Produktion in den Hochschulen bis hin zur Projektion in den Kinos gebracht hat – und kann dabei unter Bezug auf Experten Überraschendes vermelden.
Mit einem verpönten, wenn nicht gar illegalen Phänomen der oft ausgerufenen „Post-Cinema-Ära“ befasst sich Bernd Zywietz: Raubkopien und vor allem Streamingwebsites. Was bieten diese Seiten, was macht sie attraktiv und inwiefern lassen sie sich als eine Art Ersatz- oder Para-Kino auffassen? Weswegen werfen sie ein schlechtes Bild auf legale Alternativen – und was lässt sich letztlich doch Gutes von ihnen abschauen?
Der Vergangenheit, zumal der des deutschen Films, wendet sich Harald Mühlbeyer zu. In seinem Beitrag beleuchtet er die Aufgaben und Chancen, wenn es um die Vermittlung und Erhaltung des nationalen Filmerbes im Zeitalter der Nullen und Einsen geht. Dabei spielen technische, materielle wie materiale Aspekte ebenso eine Rolle wie die Urheberrechtsfrage oder der generelle kulturelle Status von klassischen Filmkunstwerken zwischen Fernsehausstrahlung und Online-Video-Konsum.

Im letzten Teil von Ansichtssache geht es um Newcomer und Nachwuchs vor und hinter der Kamera, ihre Erfahrungen und Visionen; Namen und Gesichter, die man kennt oder die es lohnt, im Blick zu behalten.
Mit vier jungen Regisseuren als Vertreter einer neuen Generation befasst sich Bernd Zywietz: Filmemacher, die in der Art der US-amerikanischen Mumblecore-Szene mit geringen technischen Mitteln und Improvisation neue und vielleicht zukunftsweisende Wege des Filmemachens außerhalb des etablierten Systems beschreiten. Jan Georg Schütte, Jakob Lass, dessen Bruder Tom Lass sowie Axel Ranisch wollen nicht auf Fördergelder warten, machen ihr eigenes Ding – mit auch ästhetisch spannenden und ausgezeichneten Ergebnissen.
Sascha Koebner wiederum hat mit André Erkau (u.a. "Selbstgespräche", 2008) gesprochen, einem Regisseur, der im Bereich des, im besten Sinne, unterhaltsamen Kinofilms nicht nur mehrfach prämiert wurde, sondern auch über die typische Hürde des Nachwuchsregisseurs hinaus ist und mittlerweile mit "Das Leben ist nichts für Feiglinge" seinen dritten Langspielfilm präsentiert hat.
Ebenso wie Erkau berichtet Brigitte Bertele ("Nacht vor Augen", 2008; "Der Brand", 2011) von ihren Anfängen, der Ausbildung und den Herausforderungen des Regisseurslebens – ob bei der Entwicklung und ästhetischen Umsetzung von Stoffen und der Arbeit mit den Schauspielern oder dem Suchen und Finden von Filmprojekten zwischen Dokumentation und Fiktion, zwischen Fernsehen und Kino.
Mit einem ganz und gar eigenwilligen Mehrfach-auteur nicht nur am Rande, sondern jenseits des traditionellen Filmschaffens hat sich Harald Mühlbeyer unterhalten: Wenzel Storch, der insbesondere durch seine visuell aufwendigen fantastischen Kulissen und Kostümen sowie exzentrischen satirischen bis albernen und stets eigensinnigen Storys bei gleichzeitiger bewusst dilettierender Machart in den letzten fünfundzwanzig Jahren ein zwar nur schmales, aber umso kultigeres und von Fans tief verehrtes Oeuvre geschaffen hat. Darüber wie über seine Haltung zum deutschen Film und Fernsehen gibt Storch Auskunft. 
Abschließend präsentieren wir junge Schauspielerinnen und Schauspieler in Kurzporträts (verfasst von ebenfalls jungen, freilich bewährten Autoren): Namen und Gesichter, die man kennt oder kennen sollte – die zwar nicht in irgendeiner Weise repräsentativ sind, gleichwohl für die Qualität, das Spannende und Entdeckungswerte des aktuellen deutschen Films stehen und ihn auch künftig sehenswert sein lassen.

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