Montag, 22. September 2014

Wortmeldungen zum TV-Serien-Stand

Netflix ist da und wirft einmal mehr die Frage nach Stand und Standard des hiesigen TV hinsichtlich Qualität und Mut in puncto (Serien-)Unterhaltung auf.

Klar, dass Netflix nicht der Heilbringer ist, für den manch einer den Dienst gehalten haben mag - dafür sind etwa die verschiedenen Qualitätsserien vor allen aus den USA über die verschiedenen Streaming- u. VoD-Anbieter wie Maxdome etc. verteilt. Entsprechend bietet - traurig aber war - das umfassendsten und noch dazu "kostenlose" Angebot illegale Plattformen wie movie4k.to (dazu stand ja schon was in ANSICHTSSACHE, und auch die Sendung "Breitband" des Deutschlandradios hat sich dem Thema HIER angenommen).

Jetzt hat Netflix nonchalant die deutsche Fiction-Kultur aber auch noch abgewatscht: Erstmal keine deutsche Produktion, so danken freundlich Joris Evers und Inhalts-Chef Ted Sarandos unisono ab. Zunächst schauen, was das Publikum hier so schaut. Doch das Interesse am Nutzungsverhalten kann man fast als Drohung auffassen, nämlich dann, wenn der Blick sich am Angebot (und eben der Nachfrage) der Öffentlich-Rechtlichen orientiert, deren SOKOs etc. ja geschaut werden.

Mark Wachholz jedenfalls hat dazu einen langen Beitrag ("Von Netflix den Spiegel vorgehalten") auf der Website des Kreativbündnisses Neuer Deutscher Genrefilm veröffentlicht. Sich ihn anzuschauen lohnt allemal, allein, weil darauf auf ein böses Video von "Walulis sieht fern" eingebettet ist, in dem man sich satirisch überlegt, wie GAME OF THRONES wohl aussehen würde, würde es vom deutschen Gebührenfernsehen (und vor allem der DEGETO) produziert. Freilich: WALULIS SIEHT FERN ist ja quasi selbst auch wieder ein bisschen ARD, ist zumindest auf EinsPlus zu sehen...

Dass sich Berufssatiriker der Sache annehmen, ist eine Sache, und manchmal ist man schon versucht, die Minderwertigkeit von ARD, ZDF und Co. allein dadurch gerechtfertigt zu sehen, dass man sich zu herzhaft drüber lustig machen kann. Allerdings hat auch Schauspielerin Corinna Harfouch sich im Interview gar nicht nett über die Sendeanstalten, dabei u.a. über den Krimi-Wahn (im Zeichen der Überthemas Einfallslosigkeit) ausgelassen.

Ähnlich, wenn auch entspannter Rentner-Perspektive, äußerte sich ein Urgestein des deutschen TV, der Drehbuch- und Romanautor Felix Huby. Dieser kann auf 30 Jahr im Gewerbe zurückschauen, hat u.a. die TATORT-Ermittler Schimanski und Bienzle (mit-)erfunden, dazu ROSA ROTH und viele (auch: Familien-) Stoffe (EIN BAYER AUF RÜGEN) mehr. Befragt von Oliver Schütte für die Website des Verbands Deutscher Drehbuchautoren, "Stichwort: Drehbuch", kann Huby im Zuge seines Karriererückblicks von paradiesischen Zeiten erzählen (und tut dies auch ohne falsche Zurückhaltung), Zeiten, in denen Kreativität noch vor Kalkül ging. Das überaus - auch fernsehgeschichtlich - empfehlenswerte Gespräch mit beredten Innensichten, Einschätzungen und Anekdoten finden Sie HIER.

Auch Huby, übrigens, moniert die Krimi-Flut des Deutsch-TVs und bewundert etwa die Netflix-Eigen- und Erfolgsserie HOUSE OF CARDS. Etwas, das man ja auch hier machen könne.
Wenn man könnte.


zyw


 

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