Jeden beschäftigt, was er tut. Und jeder redet darüber, in der Kantine, beim Abendbrot, oder nachts allein für sich unter der Decke. Und jeder hat irgendwo irgendein Problem, klein oder groß, im Detail oder in der Struktur.
Das Schöne für Filmkritiker ist, dass sie, wenn sie über sich selbst nachdenken, dies öffentlich tun, es aufschreiben können; und: dass diese Gedanken gesellschaftliche Symptome aufzeigen, die Mechanismen der Mediengesellschaft offenlegen, den Umgang des Einzelnen mit Kunst und Kultur behandeln. Wenn sich ein Filmkritiker mit dem Zustand der Filmkritik beschäftigt, kommt nicht Larmoyanz heraus, sondern Diagnose, nicht Selbstbespiegelung, sondern Gesellschaftskritik.
Jüngst hat sich Georg Seeßlen (der für ANSICHTSSACHE die deutsche Filmkomödie auseinandergenommen hat) in seinem Blog kritisch mit dem Umgang mit Kritik beschäftigt, ein lesenswerter Text: Was ist Kritik, und warum steht es derzeit bei uns so schlecht damit?
Ebenfalls im Netz: Ein Text von Thomas Rothschild, der anhand eines Textes über Kulturkritik persönliche Erfahrungen mit einer Redaktion beschreibt, die diesen Text nicht abdrucken wollte: Wie der Freitag abgewickelt wird
Basierend auf diesem Text und erweitert um die Perspektive der Filmkritik hat Rothschild in ANSICHTSSACHE seine Sicht der Dinge weiter entwickelt. Ergänzt wird er im Reader durch Rüdiger Suchsland. Suchsland beschreibt Deutschland als eine PR-Gesellschaft, in der Kritik als Gesellschaftskritik nicht mehr tragbar ist, weil sie von den zuständigen Stellen nicht mehr mitgetragen wird; und kommt zum Schluss: "Der Kritiker der Zukunft muss ein Freibeuter sein. [...] Frei, ungebunden, niemandes Knecht, sein eigener Herr, im Zweifel skeptisch und sich auf dem rechtlosen unsicheren Raum des offenen Meeres bewegend."
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