Sonntag, 9. November 2014

TV crossmedial: "Dina Foxx" zum / im Zweiten.

Am 9. November wächst auch bei ZDFneo zusammen, was zusammengehört. Gemeint ist dabei nicht Ost- und Westdeutschland bzw. die Festivitäten zum 25. Jahrestag des Mauerfalls, sondern das Schleifen der Mediengrenzen: Das cross-mediale Projekt "Dina Foxx - Tödlicher Kontakt" findet nicht nur auf dem Fernsehbildschirm statt, sondern auch auf dem Tablett- und anderen Displays: Neben dem zweiteiligen TV-Film (9. u. 16.11.; je 19.30 Uhr) wird die Handlung im Netz fortgesetzt und ergänzt.

"[D]as ist gut und schlecht zugleich. Gut, weil die Online-Elemente echten Mehrwert bieten. Schlecht, weil der reine TV-Film ohne die Begleitstücke im Netz somit nur bedingt funktioniert. Zu vieles bleibt rätselhaft, das Ende ganz und gar nebulös - und all jene Zuschauer unbefriedigt, die nicht selbst im Netz nach Aufklärung suchen", so urteilt Ann-Kathrin Nezik auf Spiegel-Online.

Ein allbekanntes wie fundamentales Problem transmedialen Erzählens. Schon das Vorgänger-Projekt "Wer rette Dina Foxx?" von 2011 u. entwickelt von ZDF, UFA-Lab und teamWorx, haderte mit dem Zerreissen des Erzählens: im ersten Teil geht es um einen Mord im Datenschutzbranchenmilieu, als dessen Täten die natürlich unschulidige Netzaktivistin Dina Foxx verdächtigt und inhaftiert wird. Ohne Auflösung endete das, brüskierte Zuschauergewohnheiten; die Handlungs verlegte sich ins Netz, auf Facebook und in die Realität von Geocaching-Aufgaben, ehe die Auflösung dann wieder im TV nachgereicht wurde.

Dina Foxx 2014 - Bild: ZDF/Florian Foest
Die zentrale Herausforderung war und blieb also insbesondere auch bei Teil 2, passives Fernsehen und (inter-)aktives Web-Erlebnis sowohl erzählerisch sinnvoll zu verknüpfen wie eigenrechtlich auseinanderzuhalten. Die unterschiedlichen Rezeptionsformate gleichwertig bedient unter einem Hut bringen: die Quadratur des Kreises. Ergebnis ist, so Nezik, dass sich "Dina Foxx - Tödlicher Kontakt" wieder stärker am Traditionellen (oder: Konservativen) orientiert: "Der zweiteilige Film liefert auch ohne Online-Erweiterungen eine abgeschlossene Handlung. Verstehen lässt sich die Geschichte aber nur vollständig, so das Versprechen, wenn man sich ins Netz begibt und dort zusätzliche Filmsequenzen schaut und in einem interaktiven Spielen nach Spuren sucht." Abgeschlossen, aber nicht vollständig verständlich.

Die Kritik an dem nicht stimmig Ineinander-Aufgehen von lean-forward- und lean-back-Unterhaltung ist freilich billig, weil sie weniger dem Projekt entspringt, sondern auf prinzipielle Convergence-Culture-Experimente und ihre Fragen und Probleme verweist - Fragen und Probleme, die auch in näherer Zukunft nicht befriedigend zu beantworten, geschweigen denn zu lösen sind.

Auch ein anderer Kritikpunkt, den Nezik vorbringt, ist dahingehend zu relativieren: "Bei aller erzählerischen Komplexität, die der Plot erfordert, ist die Geschichte doch voller Klischees. Profitgieriger Konzern gegen militante Umweltaktivisten - so etwas hat man schon in einem mittelmäßigen 'Tatort' gesehen."

Das mag einerseits so sein, und schon "Wer rettet Dina Foxx?" war bisweilen ganz schön abgedroschen. Doch auch das ist ein Vorwurf, der wieder auf den - freilich argumentativ konstruierten, da Zwischensformen von Nutzungprofilen ignorierenden - Dualismus "passive TV-Film-Schauen" hier, "interaktive Web- u. Alternate-Realty-Erfahrung" dort zurückführt.

Denn betrachtet man etwa populäre Computer-Spiele, trifft man auch dort sehr oft auf gut abgehangene Steroytype, sei es Sujet und Dramaturgie betreffend, sei es was Figuren, ihre Zeichnugen und Konstellationen anbelangt. Innovatives und Avanciertes (etwa hinsichtlich des Genres oder der Erzählung) wird zwar auch in der Games-Branche notiert und gewürdigt, hat aber einen anderen Stellenwert. Inhaltlich-erzählerische Alltbackenheit und Ödnis kann nämlich u.a. durch eine faszinierende Spielmechanik aufgewogen werden.

Entsprechend ist eine Story von der Stange (inklusive altbekanntem Rollenensemble darin) weniger als Manko der TV-Film-Unterhaltung zu gewichten, denn als eine Art Zugeständnis hinsichtlich des "gameplays", also der Crossmedialtät u. ihres Zuschauereinbezugs, an die vor allem weniger Web 2.0-Versierte, die man nicht zusätzlich durch eine innovative Story (über-)fordern will. Das kann man nun werten wie man will. Fakt ist aber, dass oftmals auf eine solche Weise Neues mit Altes einher- und zusammenging. Man erinnere sich nur an den Film TRON von 1982 mit seiner heute noch eindrucksvollen Computerwelt-Optik und zugleich fast mythisch simplen Handlung.   


Dina Foxx 2011 - Bild: ZDF/Florian Foest
Immerhin lobt auch Nezik auf SPON vor allem die Ausgestaltung der Figuren. Wobei einen Qualitätssprung gegenüber dem ersten Dina-Foxx-Projekt allein schon bedeutet, dass die Titelheldin nun nicht erneut von der enervierend bis fremdschämend forciert hipp auftretenden Jessica Richter als "Datagirl" gespielt wird, sondern von einer etwas herb-kantigeren Katharina Schlothauer. Die ZDF-Vorstellung, wie es in der Computerfach- und Webaktivistenwelt zugeht (und wie man darin aussieht und agiert), hat sich, wenigstens ein bisschen und zumindest in ästhetischer Hinsicht, gebessert (nämlich in die Schmuddel-Richtung "KDD - Kriminaldauerdienst").

Zumindest so gesehen ist "Dina Foxx - Tödlicher Kontakt" immer noch "zdf-ig" (-"neo" hin oder her), aber klar ein Fortschritt gegenüber "Wer rettet Dina Foxx?" von 2011.

Die offizielle Website zum neuen Dina-Foxx-Abenteur, in der Online-Content bereits freigeschaltet ist, finden Sie unter: dinafoxx.zdf.de

zyw

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