Donnerstag, 2. Januar 2014

Happy Birthday, deutsches Privatfernsehen!

Am Neujahrstag vor genau 30 Jahren startete in Deutschland das Privatfernsehen - wie u.a. Michael Hanfeld in der FAZ erinnert und was die Süddeutsche zum Anlass nimmt, diverse Autoren kommentieren, resümieren und vor allem: kritisieren zu lassen.

Sicher war da viel Schmarren dabei, damals, aber eben auch Experimentierlust und überhaupt: Lust! Der Erfolg der bunten werbefinanzierten Welt, das US-Amerikanische, das Bissige und Überdrehte war dem Publikum eine willkommene Abwechslung, wenn nicht gar Ersatz für die bräsigen Programme der Öffentlich-Rechtlichen. Was nicht zuletzt ARD und ZDF in das qualitative Jammertal der Quotenherrschaft getrieben hat, in dem sie sich heute zu orientieren suchen.

In ANSICHTSSACHE haben wir uns damit schon befasst. Hanfeld freilich regt einen weiteren Gedanken an. Sicher: Aufgrund der Zuschauer- und Politikerliebe und -aufmerksamkeit, die die Privaten erfuhren, verlegten sich die Ö.-R. auf Masse und "Me too!", kupferten ab ("Event-Movie" bzw. -Mehrteiler), warben ab, u.a. Günther Jauch. Allerdings gab es damals auch noch etwas abzukupfern, nicht zur Unterschichten-Amüsement und Krawall. Und man erinnere sich nicht nur an Talk im Turm, sondern auch an Fernsehfilme wie DER SANDMANN oder den Grimme-bepreisten DAS PHANTOM.

ARD und ZDF wurden nicht nur vom Erfolg, sondern auch von dem einem oder anderen Visionär (bzw. Visionärem) getrieben - deren Zeit heute auch vorbei ist.

"Für Freaks wie den RTL-Chef Helmut Thoma, den Chefredakteur Hans Mahr oder den Sat.1-Medienmacher Jürgen Doetz, der den Privatsenderverband VPRT jahrzehntelang im Alleingang managte, ist heute nicht nur kein Platz mehr - es gibt keine Nachfolger, die mit derselben Verve an die Sache herangehen und es den gebührensatten Anstalten ARD und ZDF auf ganzer Linie zeigen wollten oder - könnten", so Hahnfeld.

Weiter gedacht: Wer (wie ich, zugegeben) das gute alte Qualitäts-TV von ARD und ZDF, mit Projekten wie HEIMAT und KIR ROYALE, gegen die aktuellen Angebote der Ö.-R. ins Feld führt, letztere gerne mit Verweis auf das Privatfernsehen kritisiert, der muss fairerweise berücksichtigen: Auch die Negativvergleichsfolien RTL, SAT 1, Pro7 und Co. waren dereinst etwas anderes. Und vielleicht sind die Privaten heute entsprechend (auch) anders schuld am Stand von ARD & ZDF (samt dritten), ästhetisch wie inhaltlich - nämlich weil sie nichts und niemanden mehr haben, der die Gebühren-, pardon: Beitragsfinanzierten vor sich hertreibt, der sie anspornt oder der ihnen eine Reibefläche bietet.

Schön: eine überraschend passable Polit-Satire wie DER MINISTER, die Karl-Theodor zu Guttenberg samt Aufstieg und Fall aufs Korn nimmt (Regie: Uwe Janson, Drehbuch: Dorothee Schön, Produktion: Nico Hofmann) - ein Film freilich, der selbst, welch Ironie, unter Plagiatsverdacht geriet. Aber sonst? HELDEN auf RTL, ein Katastrophenfilm im anderen Wortsinn?

Wenn also ARD und ZDF fürchterlich privat geworden sind, sind die Privaten leider ebenso (wenn auch in entgegengesetzter Weise) doch sehr öffentlich-rechtlich, zumindest kapitalistisch-konservativ und investment-saturiert geworden. Manchmal ähneln sich Beamte und Business-Macher doch sehr aufs Unglücklichste - und tun dabei einander nicht gut.

Gleichwohl: Happy Birthday, deutsches Privatfernsehen!

zyw 

   

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