Mittwoch, 29. Januar 2014

Statement des deutschen Filmkritikerverbands zum Filmförder-Verfassungsurteil

Fast hätte man sich gewünscht, dass das Bundesverfassungsgericht die deutsche Filmförderung auf Bundesebene einstampft. Um ihren Rang und ihre Bedeutung, bei allen Kritikpunkten an der aktuellen Konstitution, deutlich zu machen. Das Thema ist vielschichtig und durch die (mitunter durchaus berechtigten) Interessen und Bedenken diverser Verbände und Interessengruppen - damit auch: kreativen Betroffenen - macht- und wirkungskomplex.


In diesem Sinne hier das Statement des Verbands der deutschen Filmkritik, der hier wie da keine pekuniären Interessen in Sachen Filmförder- und -finanzpolitik vertritt, sondern einfach nur - wenn auch je subjektiv geprägt - für einfach gute Filme und ihren Erfolg beim öffentlichen Publikum plädiert.

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Aus dem Befreiungsschlag erwächst Verantwortung

Stellungnahme des Verbands der deutschen Filmkritik zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Filmförderung


Berlin, 29.1.2014 - Das Bundesverfassungsgericht hat mit seiner gestern verkündeten Entscheidung die Verfassungsmäßigkeit des Filmförderungsgesetzes (FFG) uneingeschränkt bestätigt.

Der Verband der deutschen Filmkritik (VdFk) begrüßt das Karlsruher Urteil. Dieses Urteil stärkt das deutsche Kino und die Rolle des Bundes als maßgeblichem Gesetzgeber im Bereich der Filmförderung. Zudem wurde damit auch das Solidaritätsprinzip als ein nachhaltiger Grundpfeiler der deutschen Filmförderung ausdrücklich bestätigt. Jeder Teil der deutschen Kinolandschaft muss diese auch in angemessener Weise unterstützen.

„Das Urteil ist ein Befreiungsschlag für das deutsche Kino“ erklärte Vorstandsmitglied und Geschäftsführer des VdFk, Frédéric Jaeger, „Solidarität ist gerade in Kulturfragen ein wichtiger Maßstab. Es kann nicht sein, dass sich wenige reiche und mächtige Unternehmen aus der Solidargemeinschaft des Kinos verabschieden.“

Zugleich soll diese positive Nachricht nicht von den vorhandenen Missständen ablenken. Der VdFk fordert eine breite Diskussion unter den Film- und Kulturschaffenden über diese Missstände und mögliche Wege zur Reform des FFG.

„Es muss allen bewusst sein“, so Jaeger, „dass wir uns nach der uneingeschränkten Zurückweisung der von einigen Kinobetreibern erhobenen Verfassungsbeschwerden nun den Schwächen der Filmförderung zuwenden können und sollten. Der VdFk teilt die Ansicht anderer Verbände, dass das FFG dringend einer Modernisierung bedarf. Das Karlsruher Urteil hat dazu nun eine Basis gelegt und Rahmenbedingungen definiert. Auch für die Länderförderungen sollten sich Konsequenzen ergeben. In Kulturfragen dürfen sie sich nicht gegenseitig als Konkurrenz betrachten. Sie stehen in der Verantwortung, gemeinsam mit dem Bund, die Kulturförderung nicht weiter vorrangig unter die Fittiche von zu kurz greifenden wirtschaftlichen Vorgaben wie Standortfaktoren und Auswertungskalkül zu stellen.“

Der VdFk fordert, auch all jene zur Filmabgabe zu verpflichten, die mit der Online-Verbreitung von Filmen Geld verdienen: Dazu gehören besonders die Telekommunikationsunternehmen, aber auch ausländische VoD-Anbieter.

Die Position der Autoren und Regisseure muss gestärkt werden, ebenso die Position der Produktionsunternehmen gegenüber den Verwertern.

Auf allen Ebenen muss der Gesetzgeber die Unabhängigkeit des Kinos gegenüber der Einflussnahme des Fernsehens sichern. Die im europäischen Vergleich einmalige Umklammerung des Kinos durch das Fernsehen muss ein Ende haben!

Grundsätzlich sollte ein neues Filmfördergesetz eine stärkere kulturelle Ausrichtung haben, wie sie auch von der Europäischen Kommission gewünscht und durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts nun bestätigt ist. Die kulturelle Qualität und der künstlerische Erfolg der Filme sind ein wichtigerer Maßstab, als kurzfristige wirtschaftliche Rendite.

Zudem müssen kulturelle und wirtschaftliche Filmförderung transparenter voneinander unterschieden werden. Ihre Vermischung schadet dem deutschen Kino und öffnet der Willkür bei Gremienentscheidungen Tür und Tor.

Die Stützung von Innovation muss dezidiert experimentelle Ansätze zulassen. Wir stimmen der Einschätzung der Karlsruher Richter ausdrücklich zu, dass es: „in der Natur kreativer und künstlerischer Werke [liegt], dass sie gerade nicht ausschließlich nach eingefahrenen, vorgegebenen Mustern produziert sind“. Wir freuen uns über ein solches klares Bekenntnis zu Kunst, Avantgarde und Experiment, das wir uns auch von den Verantwortlichen der Förderung wünschen.

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