Woher kam die Inspiration für das Thema?
Vor drei vier Jahren hab ich das erste Mal „Mein Freund
Harvey“ gesehen. Darin wird James Stewart von einem zwei Meter großen Hasen
verfolgt. Das war die Initialzündung.
Das ist ein Film, der mich total glücklich zurückgelassen
hat.
Ja, mich auch. Dann kam aber rasch die Frage: Was ist, wenn
der Hase nicht so nett ist, sondern ein richtig mieser Typ? Ich dachte mir,
vielleicht führt das ja dazu, dass es überhaupt nicht so glücklich ausgeht,
sondern richtig hart wird. Ich fand es einfach faszinierend, ganz oberflächlich
der Frage nachzugehen: Was wäre, wenn ich von jemandem verfolgt würde, den nur
ich sehen kann. Was würde ich da machen? Was muss das für ein Stress sein im
Alltag, um dennoch weiterhin normal zu erscheinen? Und in welche Probleme würde
mich das stürzen? Das war die Grundidee, und die entwickelt man weiter und
stellt immer mehr Fragen: Wo liegen die Ursachen? Macht man es mystisch, also
wirklich als Mystery-Film, oder sucht man eine psychologische Lösung?
Das fand ich sehr gut an dem Film, dass er nicht auf
Geheimnis setzt, auf Ambivalenzen, sondern dass klar ist: Wenn Henry, der
eingebildete Begleiter, da ist, in der Werkstatt, dann ist das nur Einbildung.
Das fand ich ganz wichtig. Nach zehn Minuten wird klar, dass
Henry nicht existiert.
Der Film geht ja nie in Richtung Realismus oder
Naturalismus.
Nee, ganz im Gegenteil. Ich wollte immer, dass sich der Film
ein bisschen anfühlt wie ein Traum, der dann zu einem Alptraum wird. Das hab
ich auch allen so kommuniziert, dem Team und einzelnen Departments. Es muss
nicht realistisch oder naturalistisch sein. Die Stärke liegt in dem Surrealen.
Solche Bilder gibt es viel zu selten gerade im deutschen
Film, dass man da auch einfach sagt: Nein, es muss nicht direkt in der Realität
verwurzelt sein, es kann auch einfach nur Leinwand sein. Aber es sind ja eben
trotzdem schwierige Fragen, die der Film wälzt, von Vergangenheit und Schuld –
oder auch Unschuld. Das ist ja in „Schwerkraft“ auch ganz ähnlich.
Es ist eben ein Balanceakt, man erzählt eine Geschichte. Und
eine Geschichte kann mit völlig überhöhten, übernatürlichen Zutaten gespickt
sein, was weiß ich, Vampire, die auf den Mars fliegen. Aber wenn der Kern dieser
Geschichte und die Figuren nicht etwas Wahrhaftiges haben, dann fällt es
auseinander, dann wird es beliebig, und es verliert jede Spannung.
Dieser Drang von Ihnen hin zum großen Kinobild war ja
schon in „Schwerkraft“ zu spüren. Wird das honoriert vom Zuschauer? Ich kenne
jetzt die Besucherzahlen von “Schwerkraft“ nicht…
Die waren nicht so doll. So 50.000 ungefähr, knapp. Tja, ob
das honoriert wird… Ich denke schon, klar, die Leute wollen ja große Kinobilder
sehen, sonst könnten sie ja Fernsehen gucken. Ich kann das auch gar nicht
anders machen, das ist mein Ding. Es ist ja ein ganz einfaches Prinzip: Man
macht die Filme, die man selber gerne sehen möchte.
Aber klar: Zuschauer zu finden, das wird nicht leicht.
Maximilian Erlenwein |
Die Leute wollen so etwas nicht unbedingt sehen als etwas
Deutsches….
Genau: Sehen wollen die das schon, aber nicht als deutschen
Film. Da gehen viele erst gar nicht rein, weil uns ein guter Thriller nicht
zugetraut wird. Aber das muss sich ändern - wenn es irgendwann nur noch
Komödien gibt im deutschen Kino, oh nee… wird ja furchtbar auf Dauer.
Komödien und der „Medicus“.
Beim „Medicus“ hab ich Second Unit-Regie gemacht.
Der Film wurde
gefeatured im Heute-Journal, in den Tagesthemen, da hab ich mich gefragt, wieso
bringen die das bei einem großen Film, der sowieso nach einem Bestseller
gedreht ist…
Die Großen brauchen das genauso wie die Kleinen, um die
Leute ins Kino zu kriegen. Es ist für die deutsche Kinolandschaft sehr wichtig,
dass solch ein Großprojekt Erfolg hat. Wenn der „Medicus“ gefloppt wäre – das
schlägt sich doch im Endeffekt auf die ganze Branche nieder. Da nimmt man mal
viel Geld in die Hand mit den größten Ambitionen und gibt alles – ist doch toll
wenn so ein Riesending dann auch an der Kinokasse funktioniert.
Harald Mühlbeyer
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