Ist ja schon viel geschrieben worden über die Sitcom „Lerchenberg“, mit
der sich das ZDF zum 50. Geburtstag ein wenig selbst auf die Schippe nimmt. Die
meisten Kritiken waren recht positiv, zurecht. Sicher, etwa Klaudia Wick vonder Frankfurter Rundschau kritisierte, „Lechenberg“
sei ein zu lascher Versuch, „provokativ und mehrheitsfähig“ in einem zu sein.
Sie beklagt die geringe Fallhöhe – so weil Intendant Bellut selbst nicht
mitspiele. Na ja.
Tatsächlich erfindet „Lerchenberg“ das Rad in Sachen Selbstironie und
Humor nicht neu, und wer – wie Jens Müller von der taz – von „Satire“ spricht, überspannt den Bogen (auch wenn es
Müller gut meint). Bestenfalls denkt man immer daran, dass „Lerchenberg“ auch
eine Soap sein will und misst die Serie unglücklich an Vorbildern (wie „30
Rocks“), sondern sieht es als das, was es ist: ein Versuch der alten Tanten ZDF
hoch über Mainz.
Und gerade als solcher ist „Lerchenberg“ geglückt. Klar, es braucht
etwas, um in die Puschen zu kommen. Die erste Episode lahmt, die Witze sind vorauszusehen
und die Figuren mit ihren Problemen, Befindlichkeiten und Konflikten altbewährt.
Aber das macht nix, denn „Lerchenberg“ gewinnt schnell an Fahrt, ist in der
vierten Folge dann at its best, fast surreal, auch wirklich böse, leider damit aber
(hoffentlich nur vorerst) auch schon wieder vorbei.
Die übrigen Vorteile sind ebenfalls hinlänglich besprochen worden: Sascha
Hehn, neben Eva Löbau zweite Hauptfigur, spielt Sascha Hehn, veräppelt sich als
solcher samt seiner Karriere und seinem Image selbst, lässt aber auch die
Fassade des eitlen TV-Gecks hübsch und nötig genug brüchig sein. Das hat (fast)
schon die Qualität von Heinz Schenk als Heinz Wäscher in Hape Kerkelings KEIN
PARDON (1993).
Auch die mal mehr, mal weniger frechen Anspielungen haben was – ein
kleiner verbaler Seitenhieb auf den Bestechungsskandal beim KiKA etwa. Klar,
könnte noch bissiger sein, dann wär’s aber nicht so fein beiläufig. Und
überhaupt zählt in „Lerchenberg“ eher die strukturelle Gemeinheit: Mit Sascha
Hehn im Schlepp muss Redakteurin Billie (Löbau) durchs ZDF tingeln, um den Star
(weil der was mit ihrer Vorgesetzten hatte und dann wieder hat) unterzubringen.
Mal soll er bei „Ein Fall für Zwei“ landen, dann eine eigene Kochschau bekommen
und in schließlich in einer Reality-TV-Show gar selbst zum Gegenstand werden
(Hehn als Hehn als Hehn also). Bei alledem entspinnt sich ein liebevolles,
gleichwohl nicht sonderlich schmeichelhaftes Bild des Zweiten Deutschen Fernsehens
als Maschinerie, in der in der Sendekonzepte ad hoc für den „Saschi“ dahinentwickelt
werden, in dem Nepotismus und Selbstbedienung, Eitelkeit und Dilettantismus zu
finden sind. Zumindest auf der Redaktionsebene und im noch realistischen Rahmen,
der einen echten Blick hinter die Kulissen erlaubt. So einem Laden verzeiht man
die Fehler, Unzulänglichkeiten und die Rundfunkgebühren jedenfalls um Einiges
mehr als einer gelackten Technokraten-Institution.
Darüber hinaus entfaltet „Lerchenberg“ seinen Reiz auf einer Meta-Ebene
und als Gesamtkunstwerk. Redakteurin Billie wird von ihrem Herzensprojekt für
die Hehn-Beschäftigung abgezogen (wobei sich ihre attraktive, scheiß-freundlich
intrigante Volontärin ins Rennen bringt): Eine Fernsehfilm, der mal nicht so ZDFhaft
sein soll. Hier wie in anderen Momenten spricht „Lerchenberg“ das (nicht nur)
Image-Problem des Zweiten an – zu bieder, bräsig, zu Ü60 oder aber zwangshumorig
und möchtegern-hip – und die Wünsche, Sorgen und Nöte derer, die es innerhalb
besser machen wollen.
Allerdings geraten dabei der Serie selbst nicht nur die tristen düsteren
Flure des ZDF-Hochhauses mit ihrer 80er-Auslegeware und die dumpfen Teeküchen
beschönigend heller, heimeliger und ein bisschen aseptischer, als sie sind.
So gesehen treibt „Lerchenberg“ nicht nur seine Späße mit der aktuellen
Befindlichkeit des ZDF und seiner Angestellten, die zwischen Juvenilitätsdruck,
Sparzwängen, Digitalisierungs- und Verspartungsunterfangen einen Weg in die
Zukunft suchen – es ist auch selbst ein, freilich so lustvoller wie mit einem
Schuss leiser Bitterkeit versehener, Ausdruck davon. Genau auf dieser Note
verabschiedet sich auch die Sendung. Hoffentlich nicht für lange.
Selbstironischer jedenfalls kann das gelungene Projekt „Lerchenberg“ als
in den Momenten seiner echten oder vermeintlichen „Zahnlosigkeit“. So oder so.
Und, immerhin: Nach der Ausstrahlung in ZDFneo und vor der im
Hauptprogramm gibt es noch alle Folgen samt Hintergrundinfos in der ZDF-Mediathek.
zyw
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