Montag, 4. März 2013

Wie böse russische Raupkopierer den WOLKENATLAS versenkten ...

... oder eben nicht.

In ANSICHTSSACHE befassen wir uns auch mit dem Phänomen illegaler Streaming-Websites als Ersatz- oder Gegen-Kino. Wie eine solche Kaperfahrt der Film-Piraten heutzutage aussehen kann und welchen Schaden sie dabei anrichten, will ein Zeit-Artikel von Kerstin Kohlenberg veranschaulichen. Dieser erzählt durchaus spannend von X-Filme-Produzent Stefan Arndts Wettlauf gegen die kriminellen Kopien "seines" THE CLOUD ATLAS - samt diversen involvierten (tlw. auch hypothetischen) Personen und verbundenen Problemen u.a. rechtlicher und politischer Natur.

Lesenswert ist dieser Artikel - vor allem in Verbindung mit Torsten Dewis kritisch-kommentierender Analyse (auf Wortvogel) (lädt evt. etwas langsam!) eben dieses Beitrags mit dessen faktischen wie argumentativen Mängeln und Übrertreibungen. Von denen leider allzu viele in ihrer eingängingen Simplifizierung allzu sehr als Allgemeinwissensbestand gehandelt werden (ob aus Unkenntnis oder aus lobby-taktischen Gründen).

Größter Unfug in der Tat: Dass THE CLOUD ATLAS aufgrund einer russischen Kamera-Aufnahme ("CAM") im Kinosaal, die über Webhoster verbreitet wird, nicht nur an den Kassen floppt, sondern wahrscheinlich auch die gebotene Refinanzierung per DVD-Absatz und Fernsehsender-Einkäufen einbüßt.

Wer sich eine qualitativ absurde CAM-Kopie von einem derart - nicht zuletzt bildgewaltigen und dazu noch in 3D-Version verfügbaren - Dreistundenfilm anschaut, ist ohnehin für die Kinokarte oder DVD, geschweige denn den gesunden Menschenverstand verloren. Zur echten Konkurrenz werden hingegen die DVD-Rips, die akzeptable Bild- und Ton-Güte versprechen - und die zwar auch oftmals zunächst in Russland auftauchen (bzw. von dort aus ihren unaufthaltsamen Weg auf die Server und Rechner antreten). Die aber weniger ein Problem für die Kinoeinnahmen darstellen als die sich anschließende Verwertungskette.

Wenn also THE CLOUD ATLAS tatsächlich hinisichtlich seiner Rentabilität ein Problem hat, dann ist das die Kritik, das (mangelnde) Zuschauerinteresse, das Marketing - und nicht zuletzt THE CLOUD ATLAS selbst. Was allerdings an und für sich schade ist, denn zum einen ist THE CLOUD ATLAS ein sehenswerter Film und zum anderen ein Projekt, dem als Leuchtturmprojekt des (auch) deutschen Kinos viel Erfolg zu wünschen ist.

Keine Frage, Raubkopien sind ein ernstzunehmendes Problem. Doch die schiere Konzentration - wie im Zeit-Beitrag - auf russische Freibeuter, ihre Hintermänner und Nutznießer reduziert oder verstellt gar den Blick, und zwar auf grundlegendere und komplexere Herausforderungen, die weit mehr das Wohl oder Wehe aktueller Großproduktionen bestimmen.

(zyw)




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